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Durchström-Turbinen sorgen für effiziente Stromproduktion am Kärntner Kaningbach6 min read

2. September 2019, Lesedauer: 4 min

Durchström-Turbinen sorgen für effiziente Stromproduktion am Kärntner Kaningbach6 min read

Lesedauer: 4 Minuten

Mit dem Betrieb von drei Biomasseanlagen sowie mehreren Kleinwasserkraftwerken hat sich die Kärntner Fürstauer Energie GmbH komplett der Wärme- und Stromversorgung aus erneuerbaren Quellen verschrieben.

Gemeinsam decken die mehrheitlich im Eigenbesitz stehenden sowie gemeinschaftlich mit Partnern betriebenen Anlagen den Strombedarf von rund 10.000 Haushalten. Bereits 2016 wurde in der Gemeinde Radenthein in Oberkärnten ein vorbildlich umgesetztes Kleinkraftwerk am Kaningbach fertig gestellt. Konzipiert wurde die Anlage als klassisches Ausleitungskraftwerk, dessen Wasserfassung mit Stauklappe und einer seitlichen Entnahme ausgeführt wurde. Ein über 400 m langer Kraftabstieg aus GFK-Rohren leitet bis zu 1,7 m³/s an Ausbauwassermenge zur Turbinierung ins Krafthaus. Bei der Projektumsetzung wurden die gesamten Hoch- und Tiefbauarbeiten inklusive Rohrverlegung von der Fürstauer Bau GmbH aus eigener Hand erledigt. Den Auftrag zur Lieferung der elektromechanischen und leittechnischen Ausstattung konnte sich der Osttiroler Wasserkraft-Allrounder Bernhard Unterlercher sichern. Für eine effektive Stromproduktion fertigte die Maschinenbau Unterlercher GmbH zwei zuverlässige Durchström-­Turbinen, die gemeinsam eine Engpassleistung von 380 kW erreichen. Im Regeljahr kann das Kraftwerk rund 1.000.000 kWh Ökostrom erzeugen, der zur Gänze ins öffentliche Netz eingespeist wird.

Im Kärntner Mölltal haben sich die Unternehmen der Familie Fürstauer in den vergangenen Jahrzehnten einen hervorragenden Ruf als zuverlässige und kompetente Geschäftspartner erarbeitet. Mit einer Belegschaft von aktuell über 40 Mitarbeitern ist man darüber hinaus ein wichtiger Arbeitgeber für die Region. Das 1982 unter dem Namen „Erdbewegung Fürstauer“ als Ein-Personen-Firma“ gegründete Unternehmen besteht mittlerweile aus der Fürstauer Energie GmbH, der Fürstauer Bau GmbH sowie der Fürstauer Holding GmbH. In Sachen Energiegewinnung setzen die Kärntner ausschließlich auf die erneuerbaren Quellen Holz, Sonne und Wasser, der weitaus größte Teil des erzeugten Stroms stammt aus der Produktion mehrerer selbst errichteter und betriebener Kleinwasserkraftwerke. Darüber hinaus wird mit eigenen Biomassekraftwerken Wärme erzeugt, eine Solaranlage produziert Energie für Warmwasserbereitung und Heiz­zwecke. Seit Unternehmensgründer Günter Fürstauer sen. 2004 mit dem Kraftwerk Graden im Mölltal das erste eigene Wasserkraftwerk in Betrieb genommen hat, sind noch eine ganze Reihe von selbst gebauten Anlagen im Oberkärntner Raum dazu gekommen. Darüber hinaus konnte sich die Fürstauer Bau GmbH seit Ihrem Bestehen bei der Umsetzung einer Vielzahl von privaten Wasserkraftprojekten enormes Branchenwissen erarbeiten.

Weiteres Kraftwerk am Kaningbach
Als jüngste Eigenanlage wurde 2016 ein Kleinwasserkraftwerk am Kaningbach in der Gemeinde Radenthein im Bezirk Spittal an der Drau in Betrieb genommen. Errichtet wurde das Ausleitungskraftwerk an einer ungenutzten Gefällestufe zwischen dem Oberliegerkraftwerk von Betreiber Gerald Glanzer und einer im Besitz des Energieversorgers Kelag stehenden Unterliegeranlage. Nach Abschluss der behördlichen Genehmigungsphase startete die Umsetzung Projekts schließlich im Frühjahr 2015. Sämtliche Hoch- und Tiefbauarbeiten sowie die Verlegung der Druck­rohrleitung führte selbstverständlich die Fürstauer Bau GmbH in Eigenregie durch. Den Stahlwasserbau lieferte das steirische Unternehmen Neuper, für die Ausleitungsstrecke stellte der oberösterreichische Rohrvertrieb Geotrade das gesamte Rohrmaterial bereit. Dank weitgehend günstiger Witterungsbedingungen konnte die Bauphase des Projekts ohne nennenswerte Verzögerungen innerhalb einer Bausaison abgeschlossen werden.

Wehranlage mit Seitenentnahme
Die Wasserfassung in kombinierter Stahlbeton- und Natursteinausführung wurde rund 50 m von der Zentrale der 2013 fertig gestellten Oberliegeranlage an einer vorhandenen Wildbachsperre errichtet. Der Kaningbach wird dort von einer 12 m breiten hydraulisch bewegten Wehrklappe aufgestaut. Bis zu 1,7 m³/s Ausbauwassermenge können zur Stromproduktion an dem linksufrig angelegten Seiteneinlauf entnommen werden. Ein horizontaler Schutzrechen inklusive dazugehörigem Rechenreiniger schützen den Einlaufbereich vor Treibgut und Geschwemmsel. Nach der Ausleitung führt ein etwa 8 m langer Kanal das entnommene Triebwasser zum unterirdischen Entsander. Dieser wurde als geschlossenes Einzelbecken mit einer Länge von 35 m und einem mittleren Querschnitt von 3,8 m Breite sowie 3,2 m Höhe ausgeführt. Eine Pegelstandmessung im Steuerhaus, in dem auch Elektrotechnik und Hydraulikaggregat untergebracht sind, reguliert den Wasserstand im Entsander mittels Einlaufschütz. Vor dem Beginn der Druckleitung befinden sich am Ende des Beckens ein Überlauf und der Spülkanal, über den die angesammelten Sedimente wieder ins Gewässer abgegeben werden. Zur visuellen Inspektion der Wasserfassung aus der Ferne dient eine an der Wehranlage installierte Videokamera mit Online-Anbindung.

410 m Druckleitung aus GFK
Die Druckrohrleitung hat eine Länge von rund 410 m und besteht zur Gänze aus GFK-Material des Herstellers Superlit. Bei einem mittleren Gefälle von 5,5 Prozent wurde die Druckleitung mit der durchgängigen Dimension DN1200 zur Gänze unterirdisch verlegt. Ein gemeinsam in der Künette mitverlegter Lichtwellenleiter und ein separates Stromkabel sorgen für die Elektrifizierung und die leittechnische Kommunikation zwischen Wehranlage und Krafthaus. Der Trassenverlauf machte die Querung einer bestehenden Entwässerungsrohrleitung im Erd-i reich notwendig, wobei die GFK-Rohre unterirdisch durchgeführt und einbetoniert wurden. Bei drei markanten Richtungsänderungen der Rohrleitung wurde diese jeweils mit Stahlbeton-Festpunkten fixiert. Im Anschluss an die Verlegearbeiten erfolgte eine Renaturierung entlang des gesamten Trassenverlaufs.

Durchström-Turbinen zeigen stärken im Teillastbetrieb
Das unauffällig in die Landschaft integrierte Krafthaus wurde für den Einbau von zwei Durchström-Turbinensätzen ausgelegt, die E-Technik wie Mittelspannungsschaltanlage und Transformatoren befinden sich in einem kompakten Anbau neben der Maschinenhalle. Geliefert und montiert wurde die komplette elektromaschinelle Ausrüstung vom Kleinwasserkraft-Spezialisten Maschinenbau Unterlercher GmbH aus Hopfgarten in Osttirol. Beim Eintritt ins Krafthaus geht die Druckleitung zuerst mit einem Anschlussstück auf eine Verteilrohrleitung zu den Turbinen und dem Bypass über. Die Maschinensätze wurden grundsätzlich als 2-zellige Durchström-Turbinen mit horizontalen Wellen und außengesteuerten Leitschaufeln konzipiert, die zwei direkt gekoppelte Generatoren antreiben. Aufgrund des aus zwei unterschiedlich großen Zellen walzenförmig aufgebauten Laufrad-Designs erzielen die Durchström-Turbinen speziell im Teillastbetrieb hohe Wirkungsgrade. Die Lagerung der Laufräder wurde mit Pendelrollenlagern und Stehlagergehäuseeinheiten ausgeführt, eine automatische Schmier­­­­­ein­richtung sorgt für verringerten Wartungsaufwand. Jede Turbine kann bei vollem Wasserdargebot eine Ausbauwassermenge von 850 l/s zur Stromproduktion nutzen. Bei einer Bruttofallhöhe von 27,5 m erreichen die mit 429 U/min drehenden Maschinen eine Engpassleistung von jeweils 190 kW. Die direkte Verbindung zu den Wellen der Synchron-­Generatoren erfolgt mit Bolzenkupplungen. Die Generatoren drehen mit der jeweils exakt selben Drehzahl wie die Turbinen und wurden auf eine Nennscheinleistung von 220 kVA ausgelegt.

Anlage seit drei Jahren in Betrieb
Sämtliche e-technischen Komponenten und die Steuerung des Kraftwerks wurden von der SOWA-Control GmbH ausgeführt. Die vielfach im praktischen Einsatz erprobte Automatisierungslösung der Osttiroler sorgt für ein optimales Zusammenspiel der einzelnen Gewerke im Krafthaus und an der Wasserfassung. Anlagenbetrieb und Stromproduktion funktionieren generell vollautomatisch, wobei natürlich auch eine manuelle Regelung ermöglicht wird. Störungen werden durch ein Fernmeldesystem direkt an die zuständigen Mitarbeiter der Fürstauer Energie GmbH übermittelt. Bei einem unerwarteten Anlagenstillstand öffnet sich darüber hinaus automatisch das Bypass-System und gewährleistet die Versorgung des Unterliegers. Dank Online-Anbindung kann die Stromproduktion rund um die Uhr überwacht und gegebenenfalls Anpassungen vorgenommen werden.
Seinen Regelbetrieb konnte das neue Kraftwerk Kaningbach nach mehrmonatiger Probephase schließlich im Frühling 2016 aufnehmen. Der erzeugte Strom wird von den Betreibern zur Gänze ins öffentliche Netz eingespeist. Für die Fürstauer Energie GmbH bleiben die Nutzung und der Ausbau vorhandener Wasserkraftpotentiale weiterhin im Fokus ihrer Aktivitäten. So wurde erst kurz vor dem Jahreswechsel gemeinsam mit drei Partnerunternehmen das Kraftwerk Kremsbrücke im Grenzgebiet zum Salzburger Lungau in Betrieb genommen.

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