Projekte

Feierliche Inbetriebnahme von “Adelheid”9 min read

23. Feber 2015, Lesedauer: 6 min

Feierliche Inbetriebnahme von “Adelheid”9 min read

Lesedauer: 6 Minuten

„Adelheid es ist soweit“: Unter diesem Motto wurde Ende Oktober 2014 das KW Schwabelbach von den Betreibern Ludwig und Rupert Klausbauer, welche auch …

das gleichnamige Sägewerk in der steirischen Gemeinde Lainbach bei Hieflau bereits in der vierten Generation betreiben, feierlich eröffnet. „Adelheid“ ist das Herzstück der Anlage, eine 6-düsige Pelton-Turbine mit einer Leistung von 2.150 kW aus dem Hause EFG. Geehrt wird mit der Namensgebung des Kraftpakets das Andenken an die Gattin eines Wasserkraft-Pioniers der Familie Klausbauer, welcher auch das Sägewerk gründete und schon 1920 die erste Kleinanlage am Schwabelbach in Betrieb genommen hat.

Auf das erste Pionierkraftwerk sollten 1946 sowie 1967 noch zwei weitere kleinere Kraftwerke unter der Ägide des bereits verstorbenen Rupert Klausbauer im mittleren Ennstal am Schwabelbach entstehen. Die drei Altanlagen sollten in den ersten Planungen zum neuen Kraftwerk, welche von Ludwig und Rupert Klausbauer bereits 2008 angestellt wurden, noch weiter betrieben werden. Dieses Vorhaben wurde von den Behörden allerdings abgelehnt. Konkreter wurden die Pläne dann im Sommer 2010, als das Planungsunternehmen e² group mit der Umsetzung des Projektes betraut wurde. Bis es zum Spatenstich kommen sollte, mussten noch viele behördliche Hürden und Auflagen im Hinblick auf Wasserrecht und Naturschutz genommen werden. Der zuständige Projektleiter der e² group, Dipl. Ing. Hans Schmeißl, der den Bau des KW Schwabelbach von Anfang an begleitet hatte, fasste die Genehmigungsphase bei seiner Eröffnungsrede kurz und prägnant zusammen: „Fünf Jahre Planung und ein Jahr Bauzeit. Diese Erfahrung hat schon so mancher Planer und so mancher angehende Kraftwerksbetreiber machen müssen.“ Explizit gelobt wird vom zuständigen Planer die gute Zusammenarbeit mit Kraftwerksbetreiber Rupert Klausbauer. Seine Zuverlässigkeit und Handschlagqualität wirkten sich für alle am Projekt beteiligten Unternehmen äußerst positiv aus.

Zähe Verhandlungen
Das Projekt wurde bei den zuständigen Behörden im Frühjahr 2011 eingereicht. Nach diversen Vorprüfungen, Projektergänzungen und mehreren zeitraubenden Zwischenverhandlungen wurde die wasserrechtliche Bewilligung zum Betrieb des zukünftigen KW Schwabelbach schließlich im Dezember 2012 erteilt. An die Realisierung des Neubaus wurde von den Behörden allerdings jene Bedingung gekoppelt, wonach die drei Altanlagen aufgelassen und die vorhandenen Wehranlagen dementsprechend rückgebaut werden müssen. Somit konnten über den Winter hinweg mit den Ausschreibungen des Bauvorhabens begonnen und die Vergabeverhandlungen geführt werden. Ende April 2013 war es schließlich soweit und die ersten Bagger konnten zum Baubeginn anrücken. Den wichtigsten Grund zu feiern gab es schließlich am 28. November 2013, an diesem Tag startete man mit dem Probebetrieb der neuen Turbine.

Einzigartige Entsanderbauform
Die erste Herausforderung stellte sich für die Projektverantwortlichen bereits zu Beginn der Bauphase, als bei der Errichtung des Tirolerwehrs im Bereich an der Wasserfassung ein Rutschhang festgestellt wurde. Diese ungünstigen geologischen Bedingungen machten eine Versetzung des Entsanderbauwerks um etwa 30 m aufwärts unumgänglich. Dafür musste erneut eine behördliche Genehmigung eingeholt werden. Da der Schwabelbach genau an dieser Stelle einen Bogen macht, musste auch der Entsander an den Gewässerverlauf angepasst und in zweifach geknickter Form auf einer Länge von 25 m unterirdisch errichtet werden – laut Planer Dipl. Ing. Schmeißl eine einzigartige Bauweise in dieser Form in Österreich.
Dieser Umstand brachte auch für die mit dem Stahlwasserbau beauftragte Firma TS-Wasserkraft GmbH aus Micheldorf eine spezielle Herausforderung mit sich, da der Übergangskonus auf die Druckrohrleitung wegen der Versetzung des Entsanders nun ebenfalls in geknickter Ausführung erfolgen musste. Geschäftsführer Thomas Schacherleitner berichtet trotz dieser Umstände von einer konstruktiven Lösung: „Zum Glück wurde sofort auf die Situation reagiert. Auch die Genehmigung von der Behörde wegen der Versetzung des Sandfangs wurde rasch erteilt und das Problem konnte gut mit der Baufirma und dem Planungsbüro durch entsprechende bauliche Maßnahmen gelöst werden.“

Spezial-Tirolerrechen der TS Wasserkraft
Die Firma TS-Wasserkraft war bei dem Projekt für den gesamten Stahlwasserbau verantwortlich, von den Einlaufschützen über die Schottersonden bis hin zum Tirolerwehr. Das Querbauwerk besteht aus einem Wehrkanal mit Einlaufschieber und wurde mit einem schrägstehenden Rechen mit konischer Ausbildung der Stabweite von 18-24 mm auf einer Breite von 5,5 m ausgeführt. Der Feinrechen beim Langsandfang verfügt über eine automatische Reinigungsanlage. Natürlich wurde bei der Errichtung der Wasserfassung auch auf die Belange der Ökologie Rücksicht genommen und eine sich harmonisch in das Gelände einbringende Fischaufstiegshilfe errichtet. Die Pflichtwasserabgabe von mindestens 150 l/s an der Wehranlage geschieht dabei durch eine automatische Anpassung an die Wasserführung mit einem Edelstahlschieber und Regelantrieb.

Rohrverlegung in schroffem Gelände
Da die Druckrohrleitung durch teils extremes Gelände mit mehreren Steilstufen sowie schwierigen Bodenverhältnissen ausgeführt wurde, entschied man sich für den Mercedes beim Druckleitungsbau. Auf einer Gesamtlänge von 3.995 m wurden duktile Gussrohre des Tiroler Traditionsherstellers TRM mit einem Durchmesser von DN 1000 in einer Tiefe von bis zu 7 m verlegt. Die Vorteile der Gussrohre liegen dabei auf der Hand: Die hervorragenden Festigkeitseigenschaften sowie die Zug- und Schubsicherung der Rohre garantieren einen störungsfreien Betrieb der Druckleitung über Generationen hinaus. Außerdem ermöglicht das TRM-Steckmuffensystem eine schnelle und witterungsunabhängige Verlegung der Rohrleitung, ganz ohne Schweißarbeiten. „Mir war es besonders wichtig, dass bei der Druckrohrleitung nur das beste Material zum Einsatz kommt, damit das KW Schwabelbach für viele Jahrzehnte problemlos betrieben werden kann“, erklärt Rupert Klausbauer, warum man sich für Rohre von TRM entschieden hat. Beauftragt mit der Verlegung der Gussrohre wurde die Firma Kostmann aus St. Andrä, welche in unterschiedlichen Abschnitten der Trassenführung aufgrund des schwierigen Geländes im Forstbereich insgesamt 500 Lfm. der Druckrohrleitung in zugsicherer Ausführung erstellte. Da die Druckleitung in einem einzigen Gefälle ohne Hoch- und Tiefpunkte verlegt wurde, konnte man sich das aufwändige Anlegen von Belüftungs- und Entleerungsschächten sowie etwaige Fixpunkte ersparen.

“Adelheid” kommt aus gutem Hause
Das Krafthaus der Anlage KW Schwabelbach wurde auf dem alten Werksgelände der Firma Klausbauer komplett in Massivbauweise errichtet. Die Außenfassade besteht dabei aus Lärche, welche selbstverständlich im Sägewerk der Kraftwerksbetreiber geschnitten wurde. Im Krafthaus selbst verrichtet „Adelheid“, die 6-düsige Pelton-Turbine aus dem Hause EFG ihre Dienste. Rupert und Ludwig Klausbauer konnte sich bei der Besichtigung der Referenzanlage KW Sallabach in der Steiermark sofort für die dortige, baugleiche Turbine begeistern. Sie überzeugte neben dem hohen Wirkungsgrad vor allem die robuste Ausführung und Wartungsfreundlichkeit der freistehenden Maschine, bei der alle wichtigen Bauteile optimal zugänglich sind. Auch mit Ing. Werner Goldberger von EFG gab es bei der Entscheidungsfindung von Anfang an ein gutes Einvernehmen. Der Geschäftsführer des Kärntner Turbinenspezialisten und die Brüder Rupert und Ludwig Klausbauer funken sozusagen auf einer Wellenlänge, wodurch man sich schnell einig wurde. Goldberger hebt besonders die Handschlagqualitäten der sympathischen Kraftwerksbetreiber hervor.
Das Laufrad von „Adelheid“ besteht komplett aus geschmiedetem Edelstahl, ebenso wie seine austauschbaren Becher. Durch die patentierte EFG-Formschlussbauweise und die Qualität der verwendeten Teile kann somit ein Höchstmaß an Effizienz im Kraftwerksbetrieb erreicht werden. Die mit 6 verstellbaren Düsen ausgestattete Maschine ist bei einer Nettofallhöhe von 163 m und einem Schluckvermögen von 1,5 m³/s auf eine Leistung von 2.150 kW ausgelegt und dreht mit 600 U/min. Langlebigkeit durch die Schmiedebauweise und ein hoher Wirkungsgrad machen die Pelton-Turbine von EFG dabei zu einem Vorzeigeprodukt für höchste Wirtschaftlichkeit.
Die Umwandlung der Kraft des Wassers in Strom übernimmt ein direkt an die Turbine gekoppelter, bürstenloser Drehstromgenerator mit Luftkühlung des deutschen Herstellers AEM, welcher über eine Nennscheinleistung von 2.500 kVA verfügt und einen Wirkungsgrad von mehr als 96 % aufweist. Der Jahresertrag des KW Schwabelbach wird im Schnitt bei etwa 7,1 Mio. kWh liegen. Eingespeist wird der sauber erzeugte Strom in das 30 kV-Netz des steirischen Energieversorgers STEWEAG-STEG.

Elektrische Ausrüstung und Automatisierung
Auch bei der elektrischen Ausrüstung wurde nicht an Qualität gespart. Der Auftrag erging dabei an die Siemens AG Österreich mit Niederlassung in Graz, welche über eine bekannt hohe Kundenzufriedenheit sowie große Erfahrung im Kraftwerksbau verfügt. Gerade im steirischen Raum kann man auf eine Vielzahl von erfolgreich umgesetzten Projekten verweisen. Siemens lieferte für dieses Bauvorhaben die gesamte elektrische Ausrüstung, vom Krafthaus bis zur Wehranlage. So wurde nicht nur die Mittelspannungsschaltanlage mit höchstem Personenschutz im Krafthaus und der 2.500 kVA Blocktransformator aus dem nahen Werk in Weiz geliefert, sondern auch die Niederspannungsschaltanlagen sowie die komplette Verkabelung. Die gesamte Automatisierungs- und Leittechnik in modernster Ausführung inklusive Montage und Inbetriebnahme konnten ebenso pünktlich und zur vollsten Zufriedenheit der Betreiber realisiert werden.

Grund zur Freude bei der Eröffnung
Den Gästen wurden bei der offiziellen Eröffnung des KW Schwabelbach Ende Oktober, bei der neben Familie und Freunden der Kraftwerksbetreiber auch zahlreiche Vertreter der beteiligten Unternehmen anwesend waren, ein Geschenk in Form einer Flasche „Turbinenwasser“ (42%-iger Zwetschkenbrand) als kleine Aufmerksamkeit überreicht. Nach einigen einleitenden Worten zum Projekt KW Schwabelbach von Miteigentümer Rupert Klausbauer sowie dem Projektverantwortlichen Dipl. Ing. Hans Schmeißl vom Planungsbüro e² group wurde „Adelheid“ von Pater Engelbert Hofer gesegnet, womit die Betreiber auch auf himmlische Unterstützung bei der Wasserkraftnutzung im mittleren Ennstal hoffen dürfen. Die Ehre, die Anlage im Beisein zahlreicher am Projekt beteiligter Personen und Unternehmen per Knopfdruck in Betrieb zu nehmen gebührte Lieselotte Wolf, der Tochter der bereits verstorbenen Turbinen-Namenspatronin Adelheid Klausbauer. Vollauf zufrieden mit dem Bauverlauf zeigte sich auch Rupert Klausbauer: „Es ist ein großartiges Gefühl, die Anlage heute mit so vielen lieben Gesichtern und den am Bau beteiligten Unternehmen offiziell in Betrieb nehmen zu können. Die Herausforderungen während der Bauphase haben gezeigt: Wenn alle zusammenhalten, lassen sich sämtliche großen und kleinen Schwierigkeiten, die ein solches Projekt nun einmal mit sich bringt, gemeinsam lösen.“

Abschließende Arbeiten
Obwohl das KW Schwabelbach, dessen Projektkosten sich auf etwa 5. Mio. Euro beliefen, nun schon seit einigen Monaten saubere Energie produziert, gab es nach der offiziellen Inbetriebnahme noch einige offene Arbeiten abzuschließen. Noch vor dem Wintereinbruch war man noch mit dem Rückbau von zwei Altanlagen beschäftigt, an die die Bewilligung zur Errichtung des neuen Kraftwerks als Kompensationsmaßnahme behördlich gekoppelt war. Durch die Entfernung der alten Wehranlagen wird die Fischdurchgängigkeit am Gewässer wieder hergestellt. Lobende Worte über den Projektverlauf fand auch Planer Dipl. Ing. Schmeißl von e² group bei der offiziellen Eröffnung. Obwohl es in Summe 5 Jahre gedauert hat, bis man endlich alle Genehmigungen auf dem Tisch hatte und den ersten Spatenstich setzen konnte, gingen die Bauarbeiten schlussendlich zum größten Teil in einer Bausaison über die Bühnen. Bei näherer Betrachtung ist somit wahrscheinlich auch die Formel „lange Planung – kurze Bauzeit“ den meisten Planern und Kraftwerksbetreibern lieber als eine umgekehrte Variante.

Teilen: