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Kraftwerksprojekt als Familieninitiative10 min read

21. Jänner 2015, Lesedauer: 7 min

Kraftwerksprojekt als Familieninitiative10 min read

Lesedauer: 7 Minuten

Im kärntnerischen Radenthein hat sich die Familie Glanzer mit ihrem neuen Wasserkraftwerk nicht nur einen gemeinsamen Wunsch erfüllt, sondern zugleich …

auch den Anrainern eine echte Win-Win-Situation beschert. Rund 2 Mio. Euro investierten die Wasserkraft erprobten Gegendtaler in die neue Anlage, die im Regeljahr eine Stromausbeute von 3,5 bis 4 GWh verspricht. Das Hochdruckkraftwerk läuft bereits im Regelbetrieb. Nun stehen noch letzte Restarbeiten bis zur Endkollaudierung, die spätestens im Frühjahr 2015 über die Bühne gehen wird, auf dem Programm.

Der Familie Glanzer liegt scheinbar das gewisse Wasserkraft-Gen im Blut: Bereits Großvater Oswald hatte anno 1986 mit seinem Sohn Gerald ein Kleinwasserkraftwerk am Kaningbach im Radentheiner Ortsteil Schwarzwald mit einer Engpassleistung von 15 Kilowatt gebaut. Eine Kraftwerksanlage für den Eigenbedarf eben. Doch damit war nur das erste Kapitel in Sachen Wasserkraft in der Familienchronik der Glanzers geschrieben. Das nächste sollte David Glanzer, Geralds Sohn, übernehmen: Und zwar mit der Realisierung eines neuen Hochdruckkraftwerks, das nur wenige hundert Meter vom alten Kraftwerk entfernt am Kaningbach gebaut wurde. Eine moderne Hochdruckanlage mit einem Tirolerwehr, einer 1,4 Kilometer langen Druckrohrleitung und einem Maschinenhaus, das in seinem Inneren eine vertikalachsige sechsdüsige Peltonturbine aus dem Hause Geppert samt direkt gekuppeltem Drehstrom-Synchrongenerator vom oberösterreichischen Hersteller Hitzinger beherbergt. „Den ersten Stein brachte meine Freundin Tamara Scheiflinger ins Rollen. Sie war es, die uns in dem mutigen Schritt in eine energieautarke Zukunft bestärkte und uns überzeugte, dass wir ein derartiges Projekt auch alleine als Familien-betrieb stemmen könnten. Die Arbeitsverteilung zwischen meinem Vater, meiner Freundin und mir funktionierte optimal“, erinnert sich David Glanzer, Geschäftsführer der NockEnergie Glanzer GmbH an die ursprüngliche Ausgangssituation. Insgesamt zwei Jahre nahmen die Vorprojektierung und Planungsphase in Anspruch. Nach positivem Abschluss der Wasserrechtsverhandlung am 3. August 2011 konnten im Juni des darauffolgenden Jahres dann endlich die ersten Bauarbeiten und somit das Familienprojekt beginnen.

Vorarbeiten und Trassierung
Was schon so manches Kraftwerksprojekt zu Fall gebracht hat, ist die Frage, ob und wie die geplante Rohrtrasse durch fremdes Terrain geführt werden kann. Für die Glanzers war diese Hürde jedoch ein Klacks. Zwar verläuft der Großteil der 1.410 m langen Rohrtrasse durch die Flächen von sechs angrenzenden Grundbesitzern. Doch mit denen, so der Betreiber, wurde man in kürzester Zeit handelseins. Im Gegenteil, die Anrainer hatten schnell die Vorzüge des Projektes erkannt. Zum einen würden sie vertraglich zugesichert als Stromdeputaten anteilig Ökostrom aus der Anlage beziehen. Und zum anderen sollten im Zuge der Grabungsarbeiten sämtliche landwirtschaftlich genutzten Flächen begradigt werden, was verständlicherweise zu einer Vereinfachung der Feldarbeit führt. Diese Win-Win-Situation trug in der Folge noch zu einer Verbesserung der guten und konstruktiven Beziehung aller Beteiligten bei. Darüber hinaus wurde das Einbettmaterial für die Druckrohrleitung vor Ort gesiebt und musste so nicht zugeliefert werden. „Viel Arbeit in Eigenregie und die gegenseitige Hilfe waren das Um und Auf. So wurden etwa Traktoren für diverse Holzarbeiten ganz selbstverständlich zur Verfügung gestellt. Und für die Grabungsarbeiten setzten wir unseren eigenen 18-t-Bagger ein. Auf diese Weise konnten wir erheblich Kosten einsparen“, zollt David Glanzer seinen Nachbarn Lob und Respekt. In der Planungsphase ließ er sich an freien Wochenenden verschiedene Kraft-werke zeigen, um das eine oder andere Detail für das eigene Projekt zu berücksichtigen.

Einfaches Handling mit leichtem Werkstoff
Planungstechnisch stand der Familie Glanzer mit dem Zivilingenieurgemeinschaft Ebner-Jaklin aus St.Veit/Glan ein ansässiges Unternehmen zur Seite. Darüber hinaus ließ man gleich zu Beginn der Zusammenarbeit eine wohlweisliche Überlegung mit einfließen: „Herr Jaklin hat gleich von Anfang an gemeint, dass wir nicht mit dem damals herrschenden Strompreis kalkulieren sollen, sondern mit weniger, um später kein böse Überraschung zu erleben. Diese Überlegung war goldrichtig und heute sind wir froh, dass wir so knallhart kalkuliert haben“, erinnert sich David Glanzer. Der Startschuss für die Bauarbeiten erfolgte im Mai 2012. Die beauftragte Baufirma Fürstauer aus Winklern im Mölltal, die für die gesamten Hoch- und Tiefbauarbeiten sowie den Vollbetonbau des Krafthauses verantwortlich war, nahm zuerst den Bau der Wasserfassung in Angriff, um wenig später bereits mit dem Bau der Druckrohrleitung zu beginnen. Bei der Wahl der Druckrohre entschieden sich die Bauherrn für das Rohrmaterial aus dem Hause HOBAS. „Wir wollten ein hochwertiges Produkt finden. Bei HOBAS konnten wir im Rahmen einer Werksbesichtigung in Wietersdorf die gesamte Produktion und die verschiedenen Prüfverfahren kennenlernen und uns so mit eigenen Augen von der Qualität der Produkte überzeugen. Von Beginn an hat uns auch der unglaublich glatte Inliner beeindruckt – so etwas findet man bei keinem anderen Rohrhersteller. Und nachdem unser Kraftwerk nun seit ein paar Monaten in Betrieb ist, können wir die hervorragende Hydraulik und die niedrigen Reibungsverluste auch schon in der Praxis bestätigen: Die gewonnene Leistung übertrifft unsere Erwartungen“, David Glanzer auf die Frage, warum er sich für HOBAS entschieden hat. Zusätzlich war auch das Kundenservice für die Betreiber ein Pluspunkt: „Da wir nämlich nicht den notwendigen Lagerplatz für alle Rohre der 1400 m langen Leitung hatten, musste die Lieferung in Etappen erfolgen – und diese waren aufgrund des unregelmäßigen Baufortschritts nicht immer lange vorhersehbar. HOBAS hat große Flexibilität bewiesen und uns die notwendige Anzahl an Rohren je nach Bedarf sehr spontan zugeliefert“, führt David Glanzer weiter aus. Dass die Rohrverlegung am Ende tatsächlich sehr schnell vonstatten ging, lag aber auch am hervorragenden Wetter, das im Sommer 2012 keinerlei Beeinträchtigungen der Bauarbeiten erzwang. Konkret kamen Druckrohre DN900 zum Einsatz, auf spezielle Krümmer konnte verzichtet werden. „In diesem Fall ist uns eine Eigenschaft der HOBAS Rohre sehr entgegengekommen: Man kann diese in der Muffe um bis zu 3° abwinkeln. Man kann damit problemlos lange Kurvenradien erzeugen, ohne dass man dafür Krümmer bräuchte“, sagt David Glanzer. „Erforderlich waren letztlich nur drei Formstücke für die Hydranten, die im Streckenverlauf mit der zentralen Löschwasserversorgung verbunden sind.“

Düsensteuerung kostet Platz
„Das Bauteam von Fürstauer leistete großartige Arbeit. Es gab kaum Zeitverzögerungen und fast alles lief nach Plan“, hat David Glanzers Lebensgefährtin, Tamara Scheiflinger, auf der eigens dafür angelegten Homepage festgehalten, auf der man den exakten Projektablauf nachlesen kann. Das Krafthaus wurde mit einer Grundfläche 130 m² relativ groß dimensioniert. Der Grund dafür: die sechs-düsige Peltonturbine, deren außenliegende Düsen über einen Spülhub verfügen, der bis auf die sechsfache Länge ausfährt und somit entsprechend viel Platz benötigt. Im Januar 2013 erfolgte die Montage der sechsdüsigen Peltonturbine samt Generator. Nicht zuletzt weil man im alten Kraftwerk schon allerbeste Erfahrungen mit einer Geppert-Turbine gemacht hatte, vertraute man nun erneut auf ein Produkt aus dem Haus der Tiroler Traditionsfirma. Die Turbine verfügt bei einer Fallhöhe von 103 m und einem Ausbaudurchfluss von 1.400 l/sek über eine Wellenleistung von 1.279 kW. Die außenregulierten Düsen wurden so konstruiert, dass während des Betriebes eine Spülung der Düsenführungskreuze durchgeführt werden kann. Dies hat den Vorteil, dass für eine Entfernung der Verschmutzung die Turbine nicht stillgesetzt werden muss. Das Laufrad treibt mit 500 UpM den direkt gekoppelten Synchrongenerator an, der auf eine Scheinleistung von 1.400 kVA ausgelegt ist. Der Generator wurde aus Lärmschutzgründen mit einer Wasserkühlung ausgeführt. Die komplette Turbinenmontage war innerhalb von nur drei Wochen erledigt.

Einfache Ideen sind oft die besten
Anfänglich bereitete ein unerwarteter Geräuschpegel aus dem Unterwasserschacht den Betreibern noch ein wenig Kopfweh. Doch die zahlreichen Kraftwerksbesuche im Vorfeld waren nicht umsonst: „Mit einem 3 cm starken Fließbandgummi habe ich drei spezielle Vorhänge gebastelt und diese jeweils an speziellen Profilen, die rechts- und linksbündig abschließen, eingehängt. Und zwar einen direkt vor der Turbine, einen mittig und den dritten danach. Das Wasser schiebt den Vorhang unten ein bisschen hinaus, aber der Schall bleibt drinnen. Für diese ‚Investition’, die mir ein Osttiroler Wasserkraftspezialist geraten hat, brauchte es nur ein paar Euros“, erklärt David Glanzer sichtlich stolz. Lösungskompetenz war auch bei einem anderen Lärmschutzthema gefragt. Denn bei der Wahl des Krafthaus-Tores hatten die Betreiber eines nicht bedacht: die Schalldichte. Dieser Fauxpas wurde aber elegant mit einer eigens erdachten Holzkonstruktion nach dem Glas-Luft-Glas-Prinzip gelöst. Und zwar so perfekt, dass sogar die Lärmtechniker der Landesregierung von der geringen Geräuschemission beeindruckt waren.

Positive Stimmung auf der Baustelle
Bei der Wahl für die gesamten Elektro-Installationen entschieden sich die Betreiber für das steirische Unternehmen MBK Energietechnik GmbH. Die aus Ilz angereisten Techniker lieferten und installierten die elektrotechnische Ausrüstung ab der Energieverkabelung zum Transformator, die Energiekabel für die sechs Deputate und der Wehrversorgung sowie die LWL-Verbindung vom Krafthaus zur Wasserfassung. Außerdem realisierte man noch die Einbindung der Stromdeputate inkl. Subzähler im Krafthaus, welche mit großem Verkabelungsaufwand verbunden war. Auch die modernen Überprüfungsdetails, wie Webcams, Fernzugriff via Internet und Alarmierung und Fernabfrage mittels Handy wurde von der MBK Energietechnik GmbH umgesetzt. „Da bei diesem Projekt die Bauherren sehr viele Eigenleistungen erbrachten, wurde von Anfang an sehr an den Details gefeilt. Durch mehrere Baustellenbesuche im Vorfeld und durch den Einsatz von Gerald und David Glanzer war für uns alles bestens vorbereitet. Wenn es dennoch zu Problemen kam, war sofort eine helfende Hand zur Stelle. Egal was gebraucht wurde – es wurde organisiert. Für uns war es eine neue Erfahrung, mit wie viel Herzblut, Ehrgeiz und vor allem persönlichen Ehrgeiz dieses Projekt von den Bauherren verfolgt wurde und wie groß die Freude bei der ersten Synchronisierung war. Jetzt läuft die Anlage seit einem Jahr problemlos und zur vollsten Zufriedenheit des Kunden. Dennoch ist der Kontakt mit Gerald und David seitdem nie abgebrochen und man kann sagen, dass eine neue Freundschaft entstanden ist“, zeigt sich Geschäftsführer Christian Mund sichtlich erfreut.

Technik vom stillen Örtchen
Da direkt am Wehrhäuschen, in dem die Rechenanlage untergebracht ist, ein frequentierter Wanderweg vorbeiführt, hat man sich für ein optisch sehr ansprechendes Fertigteilhaus aus Holz entschieden. Die Rechenreinigungsmaschine, Feinrechen, Hochwasserklappe, Schützentore und Aggregat wurde vom Stahlwasserbau-Spezialisten GMT aus dem salzburgerischen Kuchl angeliefert und eingebaut. Grobrechen und Einlaufrinne wurde von den Betreibern selbst angefertigt und verbaut, und auch die gesamte Hydraulik-Installation wurde ein Eigenregie durchgeführt. David und Gerald Glanzer sind mit der Ausführung hoch zufrieden, haben aber selbst eine Idee entwickelt, den Spülvorgang am Feinrechen noch effektiver zu gestalten. „Da an der Spülrinne eine sehr starke Pumpe mit hoher Literleistung für eine wirklich optimale Spülung erforderlich gewesen wäre, haben wir uns gedacht: Warum nicht eine Technik verwenden, die einer WC-Spülung ähnelt? Mittels eines großen Wasserbehälters, der die erforderliche Spülmenge fasst, wird in Hinkunft die Rinne optimal gespült sein“, erklärt David Glanzer.

Hoher Stellenwert für den Umweltschutz
„Um durch unser Bauvorhaben den Lebensraum der Fische und der heimischen Wasseramseln nicht zu bedrohen, sowie den fischökologischen Zustand zu verbessern, wurden von uns selbstverständlich alle Schutz-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sorgfältig durchgeführt. Der Umwelt- und Naturschutz hat für uns nämlich einen besonders hohen Stellenwert“, betont David Glanzer. Diesbezüglich musste das vorhandene Budget nicht allzu sehr belastet werden, denn Fischab- bzw. -aufstiege waren nicht notwendig, da der Kaningbach schon sehr stark mit Wildbachsperren verbaut ist.

Zufriedenes Resümee des Bauherrn
Seit 12. Februar 2013 läuft das neue Hochdruckkraftwerk am Kaningbach im Regelbetrieb. Es wird durchschnittlich pro Jahr rund 3,6 bis 3,8 GWh liefern. Eine Strommenge, die nur zu einem kleinen Teil von den sieben privaten Abnehmern verbraucht wird. Der große Rest wird in das Verteilnetz der KELAG eingespeist. Gleichzeitig mit der Inbetriebnahme des neuen Kraftwerks wurde die alte Anlage Kaningbach abgeschaltet. Da diese in der Restwasserstrecke liegt, wurde dies zwingend erforderlich. Bis zur finalen Kollaudierung, die spätestens im Frühjahr 2015 erfolgt, stehen noch ein paar Restarbeiten auf dem Programm. So wird das Krafthaus noch verfliest, und am Wehr entstehen demnächst noch die notwendigen Zäune und eine kleine Brücke. Rückblickend meint David Glanzer über das Projekt: „Die Umsetzung war nahezu perfekt, die Zusammenarbeit mit den beteiligten Firmen und Anrainern einfach großartig, und es gab für alle eine echte Win-Win-Situation.“ Alles zu diesem familiären Vorzeigprojekt hat man online unter www.meinwasserkraftwerk.com festgehalten. Die Homepage zeigt, mit wie viel Einsatz und Herzblut dieses Kraftwerk in Radenthein gebaut wurde.

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