Projekte

Pfunds in Tirol nutzt Trinkwassergefälle von über 930 Meter16 min read

28. November 2019, Lesedauer: 10 min

Pfunds in Tirol nutzt Trinkwassergefälle von über 930 Meter16 min read

Lesedauer: 10 Minuten

Rund 3,5 Millionen Euro investierte die kleine Tiroler Gemeinde Pfunds über die letzten 10 bis 12 Jahre in die komplette Sanierung ihres Trinkwassersystems.

Darin enthalten ist auch das nagelneue, leistungsstarke Trinkwasserkraftwerk Saders, das als Kernstück des Gesamtprojekts 2018 fertiggestellt wurde. Bei der rekordverdächtigen Fallhöhe von über 930 m war die energietechnische Nutzung des Trinkwassers aus dem Saderertal nicht nur reizvoll, sondern technisch auch höchst anspruchsvoll. Dieser Herausforderung stellte sich der erfahrene Wasserkraft-Allrounder EFG aus Kärnten, der neben der trinkwassertauglichen Turbine auch die gesamte maschinentechnische Ausrüstung inklusive eines  innovativen Druckvernichters im Bypass-­System lieferte. Das neue Trinkwasserkraftwerk wird im Regeljahr rund 1,3 bis 1,5 GWh produzieren.

Noch vor etwas mehr als zehn Jahren waren Rohrbrüche keine Seltenheit in der Oberinntaler Gemeinde Pfunds. Die alten Grauguss-Leitungen, die das Trinkwasser aus dem Saderer- und dem Radurschltal leiten sollten, waren längst am Ende ihres technischen Lebensalters angelangt und mussten im Jahr drei- bis viermal repariert werden. Es bestand Handlungsbedarf. „Die alte Trinkwasseranlage von Pfunds stammte noch aus dem Jahr 1939. Dementsprechend war der Zustand der Quellfassungen und der Rohrleitung, deren Sanierung in den Nuller-­Jahren unausweichlich geworden war“, schildert Planer Ing. Alexander Plangger vom Ingenieurbüro Walch & Plangger, der von Anfang des Projekts an mit dabei war, die Ausgangssituation. „Der Altbürgermeister DI Gerhard Witting war sich des Problems bewusst, und hatte dabei noch ein, zwei Schritte vorausgedacht. Ihm war klar, dass angesichts der enormen nutzbaren Fallhöhe im Zuge einer Sanierung alle Synergien genutzt werden mussten, um eine energetische Nutzung des Trinkwassers zu ermöglichen. Die Idee eines Trinkwasserkraftwerks war geboren.“ Dass bis zu dessen Verwirklichung noch mehr als ein Jahrzehnt vergehen sollte, war damals noch nicht ganz so absehbar. Umgesetzt wurde das Gesamtprojekt letztlich in drei großen Bauetappen.

Neue Rohrleitung schafft Sicherheit
Den Auftakt machte 2008 der Bau der Druckrohrleitung im Radurschltal, die die alte Graugussleitung ersetzen sollte. In Hinblick auf ein geplantes Trinkwasserkraftwerk wurden hochrobuste Rohre aus duktilem Guss aus dem Hause TRM DN200 der Druckklasse PN100, also ausgelegt auf einen Betriebsdruck von bis zu 100 bar, verwendet. Über einen Zeitraum von drei Jahren gelang es, die alte Rohrleitung rückzubauen und in deren Trasse die neue Leitung zu verlegen. Dabei setzte man mit dem bewährten VRS-T System auf eine schub- und zugsichere Verbindung, die längste Lebensdauer und höchste Widerstandsfähigkeit gewährleistet. Dank der neuen Rohrleitung war es mit den Rohrbrüchen vorbei – und zudem war neben der wiederhergestellten Versorgungssicherheit auch das erste Fundament für den späteren Bau eines Trinkwasserkraftwerks gesetzt. In der Zwischenzeit war man mit den Österreichischen Bundesforsten, kurz ÖBf, in Verhandlungen getreten. Als Grundeigentümer des Saderertals waren die ÖBf ein interessanter und auch interessierter Partner in Hinblick auf den Bau des Trinkwasserkraftwerks. „Erste Gespräche mit den Bundesforsten fanden bereits 2009 statt, die sich dann über mehrere Jahre erstreckten. 2014 wurde dann eine gemeinsame Gesellschaft gegründet, an der sowohl Gemeinde als auch ÖBf jeweils 50 Prozent hielten“, erzählt Alexander Plangger. Zugleich begann man intensiv mit den Messungen der Quellschüttungen, die sich über zwei Jahre erstreckten. Es galt, verlässliche und exakte Daten über das Wasserdargebot aus den Koat- und den Glastal-Quellen zu erhalten.

Quelle versinkt im Untergrund
Unmittelbar nach der Gründung der Trinkwasserkraftwerk Pfunds GmbH im Jahr 2014 startete man in die nächste Bauphase. Nun sollte die neue Druckrohrleitung im Saderertal neu verlegt, sowie die beiden neuen Druckschächte errichtet und die Quellen neu gefasst werden. Gerade letzterer Punkt sollte sich als schwieriger als vermutet entpuppen. „Die Fassung der Koat-Quellen auf 2.032 m aus dem Jahr 1939 war derart ausgeführt, dass dafür gelochte AZ-Rohre etwa 75 cm tief im Boden verlegt waren. Die damaligen Messungen ergaben dafür eine maximale Schüttung von rund 70 l/s. Als wir begannen, die Quelle nachzugraben, hat sich diese schlagartig abgesenkt. Erst in 5 bis 6 Meter Tiefe ist es uns gelungen, sie zu fassen. Mittlerweile waren die Erdbewegungen für den Aushub enorm – man hätte in dieser hochalpinen Baugrube zwei, drei Einfamilienhäuser reinstellen können“, erinnert sich Alexander Plangger an eine der größten Herausforderungen im Projektverlauf. Doch mit der erfolgreichen Fassung war dieses schwierige Baulos noch nicht abgeschlossen. In der Folge zeigte sich, dass die ersten oberflächennahen Messungen nicht die tatsächlichen Durchflüsse erfasst hatten – speziell jene bei Einsetzen der Schneeschmelze. Schon im ersten Jahr sprang die Schüttung auf bis zu 200 l/s an, worauf die neue Fassung nicht ausgelegt war. „Das Wasser ist plötzlich aus der Tür des Druckschachts gekommen. Das bedeutete in der Folge für uns, dass wir erneut Anpassungsmaßnahmen durchführen und einen zusätzlichen Vorschacht einbauen mussten, der auf die Konsenswassermenge von 100 l/s ausgelegt ist.“ Hauptverantwortlich für die Wassermassen ist ein Blockgletscher, der sich in einem hinter der Wasserfassung gelegenen Kar befindet. Allerdings, räumt der Planer ein, sei die Maximalschüttung zeitlich sehr begrenzt. Sie währt höchstens 14 Tage, damit ändert sie nichts an der Maximalauslegung des geplanten Kraftwerks, die bei 60 l/s liegt.

zirbenwald als hindernis für wegbau
Die Bauarbeiten waren von diversen Herausforderungen geprägt. Eine der Ursachen reichte sogar zurück bis in die Zeiten der K&K Monarchie. Alexander Plangger: „Hier im Saderertal besteht einer der größten Zirbenwälder Europas. Die Bäume sind alle gleich alt. Das hat damit zu tun, dass sie einst hier abgeholzt und via Inn nach Hall in Tirol geflößt wurden, wo sie in der Saline verbrannt wurden. Der heutige Wald repräsentiert also das Resultat der damaligen Wiederaufforstungen. In diesen Wäldern einen Bauweg zu errichten, wurde damit sehr schwierig. Zwar wurden uns von Seiten des Naturschutzes 900 m Weg bis zu den Quellschächten genehmigt, nicht aber bis zu den Quellen selbst. Dort gab es nur einen Bauhilfsweg, Beton und Kies mussten per Helikopter angeliefert werden. Zudem reichte der Bauweg bis zu Quellschächten auch nur auf 20 m an selbige heran, das Bauwerk selbst war auf der anderen Bachseite situiert. Für das Bauteam bedeutete das, dass alles manuell hinübergetragen werden musste, lediglich der Betontransport konnte über eine Betonpumpe erfolgen.“

Hygienische Defizite behoben
Doch mit der erfolgreichen Neufassung der Koat- und auch der rund 300 Meter tiefer gelegenen Glastal-Quellen stellte sich schnell ein sehr wichtiger Begleitumstand ein: die Wasserqualität hatte sich markant verbessert. In den Jahren und Jahrzehnten zuvor hatte man in Pfunds regelmäßig mit der hygienischen Qualität des Trinkwassers zu kämpfen. Um die erforderlichen Standards sicherzustellen, hatte man schon vor Jahren eine UV-Anlage eingebaut. Doch die Ursache des Problems war damit nicht behoben. „Zum Zeitpunkt des Baus der Quellfassung 1939 waren die hygienischen Standards noch nicht so hoch, es gab keine wirklichen Abdichtungsmaßnahmen. Im Prinzip handelte es sich um eine Oberflächenwasser-Fassung, die der eigentliche Grund für die hygienischen Defizite war“, so der Planer.

Schüttung fällt im Winter ab
Die beiden Quellen Koat- und Glastal-Quellen bilden seit Jahrzehnten das Rückgrat der Pfunderer Trinkwasserversorgung – eines Ortes, der aufgrund der regionalen Trockenheit über keine allzu großen Wasserreserven verfügt. „Hier im Oberen Gericht, wie diese Region heißt, herrscht aufgrund der umgebenden bis zu 3.000 m hohen Gipfeln, eine ausgeprägte inneralpine Niederschlagsarmut. Im Durchschnitt kommt die Gemeinde Pfunds auf 600 bis 700 mm Niederschlag im Jahr. Naheliegend also, dass die Koat- und die Glastal-Quellen höchste Bedeutung für die Gemeinde haben“, sagt Alexander Plangger. Und gerade in den Wintermonaten sinkt auch deren Schüttung relativ weit ab – die Koat- Quellen bis auf 6 l/s, die Glastal-Quellen bis auf 3-4 l/s. Zusätzlich gibt es im Weiler Greit noch die Möslaquellen, die dank einer gerade in Bau befindlichen Erneuerung und Sanierung in Zukunft ebenfalls in das Trinkwassernetz eingespeist werden können. Außerdem kann die Gemeinde in wasserarmen Zeiten auf einen Tiefbrunnen zurückgreifen, der gerade im Winter zusätzlich Trinkwasser liefert.

Bundesforste steigen aus
Nach Abschluss der aufwändigen Bauphase 2 folgte ein Jahr der Verhandlungen und der weiteren Entscheidungsfindungen. Die Österreichischen Bundesforste, die als Partner mit der Gemeinde Pfunds das Trinkwasserkraftwerk errichten wollten, hatten beschlossen, aus der gemeinsamen Gesellschaft wieder auszusteigen. „Unterschiedliche Vorstellungen über die Umsetzung des Projekts“ wurden als offizieller Grund für den Rückzieher der ÖBf angegeben. Angesichts der wirtschaftlichen Herausforderung keine einfache Situation für die 2.600-Seelen-Gemeinde im Dreiländerdreieck. Sie war aber fest entschlossen, das Projekt auch alleine zu stemmen. Anfang Februar 2017 wurde die Übernahme der Anteile der ÖBf finalisiert, damit hält heute die Gemeinde Pfund 100 Prozent an   der Trinkwasserkraftwerk Pfunds GmbH. Im Anschluss konnte das Projekt in die dritte und finale Bauetappe eintreten.

Technische Herausforderungen
Zur wirtschaftlichen Herausforderung, der sich die Gemeinde stellte, gesellte sich nun aber auch eine technische: Ein Trinkwasserkraftwerk mit einer Nutzfallhöhe von über 900 m war alles andere als alltäglich – auch nicht für die diversen Turbinenhersteller im Alpenraum. „Wir hatten zu Beginn einige Angebote von Herstellern, die bislang nur kleine Anlagen realisiert hatten. Die verabschiedeten sich letztlich alle von der Ausschreibung – und nur ganz wenige blieben übrig, die die Anlage professionell realisieren konnten. Und davon hatte uns das Angebot der Kärntner Wasserkraftspezialisten EFG am meisten überzeugt“, erklärt Alexander Plangger. Wie wenige andere Turbinenspezialisten kann der Wasserkraftspezialist aus Feldkirchen auf eine erfolgreich realisierte Referenzanlage mit über 1.000 m Fallhöhe verweisen. Hinzu kommt die Erfahrung aus mittlerweile zig realisierten Trinkwasserkraftanlagen im In- und Ausland. Mit diesem Background und einigen guten Ideen im Hinterkopf sollte sich das Team von EFG als der ideale Projektpartner erweisen. Generell umfasste dessen Lieferumfang die elektromechanische Kraftwerksausrüstung, beginnend mit dem Mauerrohr als Schnittstelle zur Druckrohrleitung bis zu den Klemmenkästen des Generators und der Trinkwasserableitungen aus den Edelstahl-Unterwasserkästen.

Strahlbündelung als Kriterium
Grundsätzlich wurden zum Schutz des Trinkwassers sämtliche wasserführenden Teile aus Edelstahl gefertigt. Dies trifft somit auch auf das Turbinenlaufrad zu, das aus einem geschmiedeten Monoblock gefräst und speziell für die Bedingungen vor Ort designt und ausgelegt wurde. Dazu Gero Pretis von EFG: „Eine Peltonturbine mit einer Bruttofallhöhe von mehr als 930 Meter und einer Wassermenge von nur 10-60 l/s ist an sich schon eine kleine Herausforderung. Das Trinkwasser tritt bei diesem Vordruck mit bis zu 470 km/h aus der Düse aus und formt dabei einen Hochdruckwasserstrahl, der auch bei Vollöffnung nicht mehr als 25 mm Durchmesser hat. Und eben hier steckt die tatsächliche Herausforderung bei solchen Turbinen: den Wasserstrahl trotz der kleinen Dimension und der hohen Geschwindigkeiten gebündelt und sauber auf den Läufer zu bekommen. Ansonsten verpufft die Energie im wahrsten Sinne in einem Wassernebel. Das bedeutet, dass neben dem Laufraddesign die Zuleitung zur Turbine – sie sollte möglichst geradlinig und großzügig in der Konzeption sein – und vor allem das Düsendesign an sich entscheidend sind, damit das Laufrad bzw. die Turbine ihr volles Potential entfalten kann. Es kommt wirklich darauf an, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Planer und dem Turbinenbauer von enger, wechselseitiger Abstimmung und einer gehörigen Portion Know-how geprägt ist. Und das ist bei diesem Projekt herausragend gut gelungen.“

Überzeugendes Druckwandler-Patent
Im Hinblick auf die Versorgungssicherheit wurde – wie es in einem Trinkwasserkraftwerk Standard ist – ein Bypass integriert, der allerdings ebenfalls einige Besonderheiten aufweist. Zum einen sind auch hier alle Teil­komponenten, wie etwa die Flansche, auf Betriebsdrücke bis 100 bar und eine entsprechende Sicherheitsreserve ausgelegt. Zum anderen benötigt es dafür auch einen Druckvernichter, der im Fall der Umleitung auf den Bypass den Strahldruck von 90 bar auf 0 bar absenkt – und das in wenigen Sekunden. „Ursprünglich hatten wir an ein Kegelstrahlventil als Druckvernichter gedacht, uns war das Patent des Druckwandlers von EFG aber noch nicht bekannt. Und dieses hat uns wirklich mehr als überzeugt“, erzählt Alexander Plangger. Bereits in den 1990er Jahren hatten die Ingenieure der EFG ein Patent eines Druckwandlers zur Marktreife geführt. Es wurde nun in seiner letzten Entwicklungsstufe in Pfunds zum Einsatz gebracht. „Im Prinzip wird im EFG-Druckumwandler über eine Vielzahl an Einzelstufen Schritt für Schritt im Wasser selbst und nicht an der Konstruktion die im Trinkwasser gespeicherte Energie abgebaut. Das ist nicht ganz unaufwändig und braucht auch etwas Bauraum, funktioniert jedoch kavitationsfrei, lässt sich ohne Beschränkung wie eine Turbine regeln und ist sehr verschleißarm“, führt Gero Pretis dazu näher aus. Ein Vorteil ist die Einfachheit und Effizienz dieses Patents, eine andere ihre Geräuscharmut. Die Druckumwandlung funktioniert praktisch ohne große Geräuschemissionen. Um die Versorgungssicherheit mit Trinkwasser jederzeit garantieren zu können – und dies genießt bei derartigen Anlagen höchste Priorität – erfolgt die Umschaltung zwischen Turbinen- und Bypassbetrieb vollautomatisch. Das bedeutet, dass auch bei totalem Stromausfall das Trinkwasser weiter in den Hochbehälter fließt.

Betrieb mit unterschiedlichen Fallhöhen
Zum Schutz des Trinkwassers verzichtete man komplett auf eine ölhydraulische Steuerung für die Betätigung der Aktuatoren. „Da uns der mechanische Schutz unserer Anlagen sehr wichtig ist, wird der Ablenker wasserhydraulisch und der Kugelhahn mittels der Kombination Fallgewicht/Wasserhydraulik betätigt. Das Ganze funktioniert jeweils nach dem Ruhestromprinzip und stellt gemeinsam mit dem Niederspannungs-Regelantrieb der Düse drei voneinander unabhängige Systemebenen dar. Das bedeutet ein Maximum an Redundanz für einen möglichst sicheren und dauerhaften Anlagenbetrieb“, fasst Gero Pretis zusammen.
Das absolute Spezifikum der Anlage stellt aber der Betrieb mit zwei unterschiedlichen Fallhöhen dar. Im Sommer, wenn ausreichend Trinkwasser aus den Koat-Quellen zur Verfügung steht, wird die gesamte Fallhöhe von über 930 m genutzt. Im Winter dagegen, wenn auch die weiter unten situierten Glastal-Quellen zu Versorgungszwecken mitgenutzt werden, läuft der Kraftwerksbetrieb mit rund 650 m Fallhöhe. Die Umschaltung zwischen den beiden Betriebsphasen erfolgt zweimal im Jahr. Der Maschinensatz wurde von EFG hierauf speziell mit einem modifizierten Läuferdesign ausgerüstet, um bei beiden Betriebsarten bestmöglich arbeiten zu können.

Komplexe Steuerungstechnik
Natürlich kommt in diesem Zusammenhang auch der elektro- und steuerungstechnischen Ausrüstung der Anlage große Bedeutung zu. Zu diesem Zweck konnte die Gemeinde Pfunds auf einen langjährigen Partner bauen, der bereits die Leittechnik für die Trinkwasserversorgung auf den Stand der Technik gebracht hatte – die Firma Schubert Elektroanlagen. Das Unternehmen aus Ober-Grafendorf, das seit Jahrzehnten sowohl professionelle Lösungen für Trinkwassernetze als auch für Kleinwasserkraftwerke liefert, war somit der ideale Partner. Gerade für den Umschaltvorgang zwischen den beiden Druckstufen wurde ein ausgeklügeltes Software-Programm entwickelt, das ein Umschalten im laufenden Betrieb ermöglicht. Ebenso sind die Druckstufen vom Kraftwerk und von der zentralen Leittechnik aus komplett fernsteuerbar. Dies ist ein wichtiger Punkt, da man im Winter weder die Druckschächte noch die Quellfassungen erreicht. „Aus diesem Grund haben wir auch durchgehend Lichtwellenleiter verlegt und die Schächte so konzipiert, dass alle Armaturen elektrisch bedienbar sind“, erklärt dazu Alexander Plangger. Die Mitarbeiter verfügen heute über Tablets, mit denen sie sich über VPN-Zugang einloggen und von überall die Anlage bedienen können. Selbstredend umfasst die Steuerung auch den Turbinen-Bypass sowie die Spülleitung, die extra für den Fall eines Rohrbruchs integriert wurde. In den Druckschächten wurden Kameras installiert, die in Echtzeit Bilder liefern. Generell sollen von der Fa. Schubert Elektroanlagen sämtliche Bauwerke der Pfunderer Wasserversorgung, immerhin 15 an der Zahl, in die Leittechnik eingebunden werden. Damit steht den Verantwortlichen ein umfassendes Instrumentarium zur Überwachung und Kontrolle zur Verfügung.

Der massgeschneiderte Generator
„Unser Ziel war es, eine möglichst langlebige Anlage für mehrere Generationen zu errichten“, erklärt Alexander Plangger mit Verweis auf die eingesetzte Maschinentechnik. Für ihn und die Gemeindeväter stand außer Frage, dass eine hochwertige Turbine auch einen hochwertigen, und effizienten Generator antreiben sollte. Man entschied sich daher für eine Maschine aus dem Hause Hitzinger. Der Traditionshersteller aus Linz punktet in erster Linie damit, dass für jeden Einsatzzweck der Generator maßgeschneidert konzipiert und gefertigt wird. Von der magnetischen Auslegung, über das Verhältnis von Kupfer zu Eisen bis hin zum Isolationssystem wird jede Maschine individuell angepasst. Und das merkt man. Es gibt wohl keinen Hitzinger-Generator, der die versprochenen Wirkungsgrade nicht erreicht. Und das trifft auch auf die Maschine im Trinkwasserkraftwerk Pfunds zu. Der 1,9 Tonnen schwere Generator wird mit einer Nenndrehzahl von 1.500 Upm angetrieben. Die Schleuderdrehzahl beträgt das Doppelte, also 3.000 Upm. Bei einem Nennstrom von 700 A erreicht der Generator eine Nennleistung von 485 kVA. Er trägt nicht nur zu einer zuverlässigen und effizienten Stromerzeugung bei, sondern sorgt daneben auch dafür, dass der Geräuschpegel auch im Volllastbereich in einem moderaten Bereich bleibt.

Schieber gewähren Sicherheit
Bedingt durch die hohen Betriebsdrücke lag generell ein großes Augenmerk auch auf den eingesetzten Schiebern und den Armaturen. Schließlich soll das neue Trinkwasserkraftwerk nicht nur äußerst langlebig sein, sondern auch maximale Betriebssicherheit aufweisen. Aus diesem Grund entschied man sich für die Produkte von BRUNNBAUER-ARMATUREN aus Wien, ein Unternehmen, das seit mehr als 100 Jahren als kompetenter Anbieter innovativer und zuverlässiger Industriearmaturen auf dem Markt präsent ist. „Gerade bei diesen Druckstufen gab es für uns im Grunde keine wirklichen Alternativen dazu. Die eingesetzten Schieber, Ventile und Kugelhähne von BRUNNBAUER-ARMATUREN stehen für höchste Qualität“, lobt der Planer aus Tirol. Die eingesetzten Schieber in den Druckschächten sowie der Kugelhahn im Krafthaus sorgen für eine sichere Absperrung des Kraftabstiegs, sollte es einmal zu einem Rohrbruch kommen. „Mir war ganz wichtig, dass wir nicht nur jeweils einen leistungsstarken Schieber in den beiden oberen Druckschächten haben. Um den Schutz einer zum unteren Trassenabschnitt nahegelegenen Wohnsiedlung sicherzustellen, habe ich auch einen Schieber vor diesem Bereich eingefordert“, so Alexander Plangger. Die Schieber wurden auf 24 V ausgelegt und sind Akku-gepuffert. Das heißt: Jeder Antrieb kann bei Stromausfall mindestens zweimal gefahren werden. Als Antriebe wurden die bewährten Lösungen von AUMA verwendet. Ein weiterer sicherheitstechnischer Aspekt, der die Betriebssicherheit auch in jenen Zeiten garantiert, in denen diese Gewerke nicht erreichbar sind.

Anlage erfüllt die Erwartungen
Der Bürgermeister von Pfunds Rupert Schuchter und sein Planer Alexander Plangger blicken mittlerweile auf eine echtes Marathonprojekt zurück, das vor rund 15 Jahren initiiert wurde. „Es gibt in Österreich meines Wissens nach nicht viele Trinkwasserkraftwerke mit einer derartigen Fallhöhe. Wenn man die gesamten Rahmenbedingungen miteinbezieht, war es ein äußerst spannendes Projekt, das nun zu einem sehr guten Abschluss gebracht wurde“, resümiert der Tiroler Planungsingenieur. Seit rund einem Jahr ist das neue Trinkwasserkraftwerk nun in Betrieb und erfüllt dabei sämtlich Erwartungen. Im Regeljahr liefert das Kraftwerk heute 1,3 bis 1,5 GWh sauberen Strom, der an einem rund 350 m entfernten Anschlusspunkt der TINETZ ins öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Die Strommenge würde rein rechnerisch ausreichen, um sämtliche Pfunderer Haushalte mit Ökostrom zu versorgen. Für die nächsten 13 Jahre wird der Stromerlös gemäß des Tariffördermodells der ÖMAG vergütet, die Gemeinde rechnet mit einer Amortisationsdauer von 15 bis 18 Jahren. Um den Gemeindebürgern ihr nagelneues Trinkwasserkraftwerk zu präsentieren, ist für diesen Sommer ein Tag der offenen Tür geplant.

Teilen: